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Günther Rabl
KLEINE FUGE (little fugue)
tape music, 2min, 4-channel, Rastenberg 1988

Die Elektroakustik bietet uns auf einfachstem Wege eine Menge von Möglichkeiten, die auf den ersten Blick den traditionellen Kompositionsmethoden ähnlich scheinen: Wir können Teile beliebig wiederholen, versetzen, spiegeln, transponieren - und das alles absolut exakt. Damit, sollte man meinen, haben wir eigentlich alle Mittel an der Hand, eine Fuge zu gestalten.
Aber etwas stimmt daran nicht. Genau diese mechanische Exaktheit ist uns im Weg. Die exakte, mechanische Wiederholung hat eine qualitativ andere Bedeutung, als die von einem Musiker ausgeführte, wenn er zweimal denselben Notentext spielt. Wenn man also in einer elektroakustischen Umsetzung nicht bloss die Methoden formalistisch übertragen will, sondern den Sinn der Form erhalten, dann muss man diese Problematik schon im Ansatz berücksichtigen, muss ganz bewusst mit Unterschieden und Ähnlichkeiten arbeiten, wo das partiturielle Denken unbekümmert Identitäten setzen darf.
In diesem Sinne ist die KLEINE FUGE zu verstehen: Drei unabhängige Stimmen mit drei ähnlichen aber verschiedenen Klangtypen, in ähnlichen aber verschiedenen Stimmungen, ähnlichen aber verschiedenen Rhythmen, mit ähnlichen aber verschiedenen Motiven .....
Jeder dieser drei Stimmen ist ein Lautsprecher zugeordnet.
Der vierte Lautsprecher schweigt beharrlich. Gegen Ende, wenn die absteigenden Girlanden in den drei Stimmen plötzlich zusammentreffen, erscheint im vierten Lautsprecher die erste wuchtige Transposition, die mit einem Schlag die Gesamtbalance herstellt und in der Folge, von Lautsprecher zu Lautsprecher springend, das kurze Stück zuendeführt.
Das Klangmaterial entstammt einer Seitenlinie aus der Materialentwicklung zu EVE.

 

Günther Rabl Werke 5 Listen to an example!Kleine Fuge.mp3  2,1MB