Das Instrumentarium
Dieter Feichtners Instrumentarium war dem Wandel der Technologie unterworfen, wie alles und jedes in der Sphäre der Musikelektronik.
Als ich Dieter Anfang der Siebziger kennenlernte, bestand seine Ausrüstung aus einem MINIMOOG, einer alten FARFISA-Orgel, einer MARSHAL-Box mit irgendeinem Gitarrenverstärker, ein paar marginalen Effektgeräten, sowie zwei Echogeräten mit Tonbandschleifen.
Bald gesellte sich ein kleiner kompakter EMS (mit monophonem Sequenzer) dazu, den er bei John Surman und Stu Martin kennengelernt hatte. Die FARFISA wurde schliesslich durch einen POLYMOOG ersetzt, der allerdings in Qualität und Ausführung mit dem legendären MINIMOOG nicht schritthalten konnte. (Dieter haderte auch ständig mit der billigen Consumer-Ausführung des Instrumentes).
In dieser Konfiguration war seiner musikalischen Entfaltung eine natürliche Grenze gezogen: Er musste mit den selbstgefundenen Sequenzen 'um die Wette spielen'; musste als Musiker zu maschinellen Wiederholungen spielen, die in keiner Weise auf sein Spiel reagierten.
Das konnte er wie kein zweiter – und die zahllosen live-Mitschnitte legen ein verblüffendes Zeugnis dafür ab – dennoch war er auf die Dauer damit nicht zufrieden.
Die eigentlich Wende kam, als ihm der damals junge Techniker Georg Danczul, genannt 'der Ingenieur', aus billigsten Komponenten ein analoges Netzwerk baute, mit dem er alle seine Geräte untereinander verbinden konnte. Nun war es ihm möglich, durch die Sequenzen auch die anderen Synthesizer mitzusteuern und was er spielte, beeinflusste wiederum den Verlauf der Sequenzen. Sein Instrumentarium wurde somit von einer Sammlung disperater Instrumente in den Rang eines Organums gehoben: sein 'Raumschiff', wie er es bisweilen nannte.
Ungefähr zu dieser Zeit besorgte er sich einen grossen Mercedes-Bus als Wohnmobil und Mario Rechtern (ein Musiker, Maler und gelernter Bühnenbildner) baute ihm sein gesamtes Instrumentarium so geschickt in den Bus ein, dass er an jedem mit dem Fahrzeug zugänglichen Ort mit wenigen Handgriffen alles aufbauen und spielen konnte: Die Lautsprecher waren in die rückwärtigen Türflügel integriert, die fertig verkabelten Synthesizer auf Schienen ausfahrbar und zur Stromversorgung diente ein eigener Generator. Nach einem Gastspiel an der Pariser Oper (zusammen mit John Surman, Barre Phillips, Stu Martin und einem Ballett unter ...) verbrachte er auf diese Weise ein Jahr in den französischen Alpen und spielte für sich und für Gott und für die Tiere des Waldes.
Als Lautsprecher dienten ihm anfangs eine MARSHAL- und eine ORANGE-Box (zwei Rockmusik-Legenden). Vorübergehend verwendete er stattdessen zwei grosse TANNOY, die damals in Musikerkreisen in Mode kamen. Anfang der Neunzigerjahre baute ihm schliesslich in Salzburg jemand eine PA nach seinen Vorstellungen, die er ab da überall im Einsatz hatte.
Mit dem POLYMOOG, dem einzigen polyphonen Keyboard in seinem Ensemble, war Dieter wie gesagt nie restlos zufrieden und er suchte immer wieder einen Ersatz dafür. Kurzzeitig benutzte er einen YAMAHA DX7, einige Zeit einen ROLAND D50 und zuletzt einen NORD, sowie ein elektrisches Klavier.
All diese Instrumente fügten sich aber immer weniger in das Vernetzungskonzept seines 'Raumschiffes' und der voll-digitale NORD, seine 'Schwedin', brachte ihn schliesslich zwangsweise wieder dorthin, wo er begonnen hatte: Er spielte wieder mit den eigenen Sequenzen um die Wette.
Die letzten, bislang unveröffentlichten direct-recordings von 1997 sind ein fortwährendes Suchen; ein tragisches Dokument des Scheiterns an der unfreiwilligen Rückkehr zu alten Strukturen, denen sein musikalischer Geist längst entwachsen war. (Den POLYMOOG hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, dieser geriet bei einem 'Service' in die falschen Hände und ist seither verschollen).
Dieter spielte nun kaum mehr Synthesizer, aber desto mehr Klavier (seit jeher seine grosse Liebe) – alleine, mit Freunden und in einer Gruppe mit jungen Musikern, die er nach seinem eigenwilligen Pseudonym 'Laszlo Steinbutt-Quartett' nannte.
Günther Rabl |